Was ist biologisch-dynamischer Landbau?
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Der Biologisch-Dynamische Landbau entstand aus acht Vorträgen, die Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, im Juni 1924 in Schloss Koberwitz (siehe Foto, links) gehalten hat. Später wurden die Vorträge in Buchform heraus gegeben unter dem Titel "Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft". Der Titel macht deutlich, worum es Steiner in erster Linie gegangen ist. Er wollte das landwirtschaftliche Wissen seiner Zeit mit Hilfe der von ihm entwickelten Geisteswissenschaft erweitern und auf eine breitere Erkenntnisgrundlage stellen. Der "Landwirtschaftliche Kursus" von R. Steiner ist die Grundlage und Quelle der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise.
Der Hof als landwirtschaftliche Individualität
Eine Landwirtschaft erfüllt ihr Wesen im besten Sinne des Wortes, wenn sie als eine Art Individualität aufgefasst werden kann, so Steiner im zweiten Vortrag des Landwirtschaftlichen Kurses, eine in sich geschlossene Individualität, in der alle nötigen Zutaten der landwirtschaftlichen Produktion vom Hof selbst hervorgebracht werden. Zum Hof gehört deshalb selbstverständlich auch ein angemessener Viehbestand. Diesem Zustand, so Steiner, müsste sich die Landwirtschaft nähern, vollständig erreichen könne sie ihn nicht. Unter diesem Blickwinkel müsse alles, was von außen hereingebracht wird, zum Beispiel an Düngemitteln, schon als eine Art Heilmittel für einen erkrankten Hof angesehen werden.
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Den landwirtschaftlichen Betrieb als Individualität, als Organismus höherer Ordnung zu verstehen, ist ein grundlegender biologisch-dynamischer Gesichtspunkt. Ihn haben auch andere Richtungen des ökologischen Landbaus übernommen. Die Vorteile eines vielseitigen Gemischtbetriebes im Gegensatz zum einseitigen, spezialisierten Betrieb, sind in der wissenschaftlichen Literatur vielfach untersucht und beschrieben worden. Steiners Konzept der landwirtschaftlichen Individualität geht darüber noch hinaus. Es bezieht auch die Umgebung des Hofes, sein Verhältnis zur jeweiligen Landschaft, seinen Zusammenhang mit dem Naturhaushalt und dem irdischen wie kosmischen Umkreis mit ein.
Wie jeder Organismus so ist auch der landwirtschaftliche Betrieb ein nach außen abgegrenztes System, das gleichzeitig der Umwelt gegenüber offen ist. Zwischen Organismus/Betrieb und Umwelt finden vielfältige Austauschbeziehungen statt. Der Begriff der in sich geschlossenen Individualität ist also nicht als Abgeschlossenheit von der Außenwelt zu verstehen, sondern vielmehr im Sinne eines in sich schlüssigen Systems. Bei dem Verhältnis des Betriebes zur Umwelt kommt es darauf an, Verluste an organischer Substanz und Nährstoffen möglichst zu reduzieren, so dass genügend Nährstoffe im Betriebskreislauf erhalten bleiben. Neben der Menge der zirkulierenden Stoffe kommt es vor allem darauf an, dass die Art der Substanzen und die Intensität der Zirkulation durch die Tätigkeiten der beteiligten Lebewesen (zum Beispiel Bodenorganismen und Nutztiere) bestimmt werden. Überhöhte Zufuhren, z.B. an Dünge- und Futtermitteln, würden den Betriebsorganismus überfüttern. Andererseits wäre seine Leistungsfähigkeit (Produktivität) insgesamt oder bestimmte Funktionen zu schwach, wenn die biologische Aktivität der beteiligten Lebewesen zu gering ist oder wenn die Stoffverluste zu hoch sind.
Das Tier als beseeltes Wesen nimmt auf biologisch-dynamischen Betrieben eine zentrale Stellung ein. Durch die Anwesenheit des Tieres gewinnt der Betrieb wertvolle Futterpflanzen in der Fruchtfolge sowie hochwertigen Dünger insbesondere von Wiederkäuern. Die Tiere bekommen fast ausschließlich betriebseigenes Futter - die Kuh „schmeckt sich“ sozusagen durch den Betrieb. Im ausgeglichen Verhältnis von Stallhaltung und Auslauf, von Artkontakten und menschlicher Fürsorge wird die Tierhaltung versucht wesensgemäß zu gestalten. Ziel ist es, die Tierhaltung und -züchtung dem Wesen des Tieres gemäß und seinen Bedürfnissen als Haustier entsprechend zu gestalten. Dabei nimmt der „Mensch als Begleiter“ eine wichtige Stellung ein.
Quelle:
Demeter-Leitbild: Biologisch-Dynamisch. Ein Arbeitstext. Forschungring Materialien Nr . 9, 1999/2002
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Die biologisch-dynamischen Präparate sind Naturmittel, die in geringsten Dosen eingesetzt werden, um das Bodenleben, das Wachstum und die Qualität der Pflanzen sowie die Tiergesundheit zu fördern. Es gibt verschiedene Präparatearten für bestimmte Anwendungsgebiete: Feld- oder Spritzpräparate (Hornkiesel und Hornmist), Düngerzusatzpräparate (Schafgarben-, Kamillen-, Brennessel-, Eichenrinde-, Löwenzahn- und Baldrianpräparat), Spezialpräparate wie Schachtelhalm-Abkochung und die Aschenpräparate zur Unkraut- und Schädlingskontrolle.
Die Präparate sind ein nicht ersetzbares Merkmal der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise. Sie sind ein wesentliches Hilfsmittel, um Produkte in Demeter-Qualität zu erzeugen. Ihre Anwendung wird in den Demeter-Richtlinien verbindlich vorgeschrieben.
Prinzipien der Präparateherstellung
Die Präparate werden im landwirtschaftlichen Betrieb aus Pflanzenteilen, Kuhmist oder Quarzmehl hergestellt. In tierischen Organhüllen werden diese Materialien über mindestens ein halbes Jahr im Boden vergraben. Vor der Verwendung werden die Präparate aus den Organhüllen herausgenommen.
Bereits durch die Herstellung der Präparate wird beabsichtigt, mit biologischen Prozessen in Zusammenhang zu bleiben. Die tierischen Organhüllen haben dabei die Aufgabe, die aufbauenden und gestaltenden Lebenskräfte des Umkreises auf die im Organ befindliche Substanz hin zu konzentrieren. Dem Potenziervorgang bei homöopathischen Medikamenten vergleichbar, wird durch diese Herstellungsweise das feinstoffliche Kräftepotential der Präparate aufgebaut. (Nähere Angaben zu den Herstellungsverfahren siehe Wistinghausen et al., 1998).
Anwendung und Wirkungsweise der Präparate
Die Aufwandmengen der Präparate betragen für die Spritzpräparate etwa 300 Gramm pro Hektar (Hornmist) beziehungsweise fünf Gramm pro Hektar (Hornkiesel)und je ein bis zwei Kubikzentimeter der Düngerpräparate pro zehn Kubikmeter Kompost oder Stallmist/Gülle. Die Spritzpräparate werden in den genannten Mengen in 20 bis 50 Liter Wasser je Hektar eine Stunde lang intensiv verrührt. Möglichst bald danach wird die Präparateflüssigkeit gleichmäßig auf Äcker und Wiesen ausgespritzt.
Die Düngerzusatzpräparate werden punktuell in den Dünger eingebracht. Ihre Kräfte strahlen nach Rudolf Steiner von diesen Punkten in den Dünger aus. Weitere spezifische Anwendungsmethoden sind bei Wistinghausen et al. (1997) beschrieben. Die Umsetzungsvorgänge in den organischen Düngern werden durch die Präparate angeregt. Die stärkere Belebung der Böden durch präparierten Dünger wird an einigen Merkmalen messbar, z.B. Erhöhung des Humusgehaltes oder Enzymaktivitäten sowie intensiveres Wurzelwachstum. Beispiele für eine bessere Produktqualität durch die Präparate sind geringere Lagerungsverluste, reduzierte Nitratgehalte sowie höhere Zucker- und Vitamingehalte.
Das Wirkungsprinzip der Präparate besteht in der Anregung harmonisierender Lebensprozesse. Eine unmittelbare Nährstoffwirkung durch die Präparate liegt nicht vor. Die Präparate dienen somit der Selbstregulation biologischer Systeme (Raupp und König 1996).
Literatur:
- Abele, U. (1978). Ertragssteigerung durch Flüssigmistbehandlung. Untersuchung des Rotteverlaufs von Gülle bei verschiedener Behandlung und deren Wirkung auf Boden, Pflanzenertrag und Pflanzenqualität. KTBL-Schrift 224. Darmstadt.
- Kjellenberg, L. (1989). De biodynamiska preparaten- i forskning och försök. Nordisk Forschungsring meddelande nr. 33 Järna/Norrköping
-
Koepf, H.H. (1981). The principles and practice of biodynamic agriculture. In: Stonehouse, B. (ed.): Biological Husbandry. Butterworths, London etc.; 237-250
-
Koepf, H.H. (1996). Biologisch-Dynamische Forschung. Methoden und Ergebnisse. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart
- König, U.-J. (1999). Ergebnisse aus der Präparateforschung. Lose-Blatt-Sammlung. Schriftenreihe des Instituts für Biologisch-Dynamische Forschung, Band 12, Darmstadt
- Lammerts Van Bueren, E.; Beekman-de Jonge, J. (1995): Biologisch-dynamische spuitpräparaten imn ontwikkeling. 70 jaar praktijk onderzoek en visie. Driesbergen
- Rasmussen, J. (1986). Biodynamiske hornpraeparater- Aspekter af et udvidet natursyn. (Diss. Kopenhagen.) Kopenhagen
- Raupp, J. (2000). The well-proportioned farm organism. Just a pleasing image of a mixed farming system or rather a basic requirement for functioning organic husbandry? In: Alföldi, Th.; Lockeretz, W.; Niggli, U. (eds.), Proc. 13th Int. IFOAM Sci. Conf., August 2000 Basel; vdf Hochschulverlag (ETH Zürich); 700-703
- Raupp, J.; König, U.J. (1996). Biodynamic preparations cause opposite yield effects depending upon yield levels. Biol. Agric. & Hort. 13, 175-188
- Sattler, F.; Wistinghausen, E.v. (1989). Der landwirtschaftliche Betrieb. Biologisch-Dynamisch. Ulmer Verlag, Stuttgart.
- Schaumann, W.; Breda, E.; Heinze, H. (1975). Zielsetzungen und Wege der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise in der gegenwärtigen Situation der Welt-Landwirtschaft. Sonderdruck, hrsg. vom Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt
- Steiner, R. (1999). Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. Landwirtschaftlicher Kursus 1924. Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)
- Wistinghausen, C.v.; Scheibe, W.; Wistinghausen, E.v.; König, U.J. (1998). Anleitung zur Herstellung der Biologisch-Dynamischen Präparate. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart
- Wistinghausen, C.v.; Scheibe, W.; Heilmann, H.; Wistinghausen, E.v.; König, U.J. (1997). Anleitung zur Anwendung der Biologisch-Dynamischen Präparate. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart
Links zu Aspekten des Biologisch-Dynamischen Landbaus und der Anthroposophie:
Organic Consumers Association (USA)